Deutsche Umwelthilfe drängt auf Tempo 30 innerorts zur Reduktion von gesundheitsschädlichem Verkehrslärm
Politik und Behörden vernachlässigen den Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger vor gesundheitsschädlichem Verkehrslärm erheblich. Dies belegt eine Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter allen 82 Großstädten Deutschlands. Nur 19 Städte haben bestätigt, ihre gesetzliche Frist einzuhalten und den Lärmaktionsplan bis zum 18. Juli 2024 zu veröffentlichen. Kleinere Kommunen kämpfen oft mit fehlenden Ressourcen, um überhaupt einen solchen Plan zu entwickeln. Aufgrund der mangelhaften Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen hat die EU-Kommission im März 2024 das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, das seit 2016 läuft, weitergeführt. Die DUH fordert eine konsequente Priorisierung des Lärmschutzes, stärkere Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder sowie die sofortige Einführung von Tempo 30 innerorts als effektivste Lärmschutzmaßnahme.
Forderung nach umfassendem Lärmschutz
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, betont: „Mehr als 16 Millionen Menschen in Deutschland leiden laut Umweltbundesamt unter gesundheitsschädlichem Verkehrslärm. Dennoch wird der Lärmschutz von Politik und Behörden stark vernachlässigt. Derzeit sind die Städte offensichtlich nicht in der Lage, ihre Verpflichtung zu erfüllen und ihre Bürgerinnen und Bürger vor schädlichem Lärm zu schützen. Umweltministerin Lemke muss den Kampf gegen Lärm endlich priorisieren: Die Kommunen brauchen entweder Unterstützung durch Bund und Länder oder die Zuständigkeit für die Lärmaktionspläne muss an kompetentere Behörden übertragen werden. Um Betroffene landesweit effektiv und schnell zu schützen, braucht es Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in sämtlichen Städten. Im Vergleich zu Tempo 50 wirkt Tempo 30 auf das menschliche Ohr wie eine Halbierung des Verkehrsaufkommens. Flickenteppiche bei Zuständigkeiten und komplizierte Prozesse dürfen nicht länger die Gesundheit von Millionen Menschen gefährden.“
Hintergrund und gesetzliche Verpflichtungen
Lärm ist nach Luftverschmutzung die zweitgrößte umweltbedingte Ursache für Gesundheitsprobleme. Die EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG, umgesetzt durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz, verpflichtet Kommunen oder die zuständigen Behörden, die Lärmbelastung der Bevölkerung zu berechnen und in Lärmkarten darzustellen. Bis zum 18. Juli 2024 müssen auf dieser Grundlage Lärmaktionspläne erstellt werden, die konkrete Maßnahmen zur Reduktion der Lärmbelastung beinhalten, wie Geschwindigkeitsbegrenzungen, Sanierung von Fahrbahnen oder Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, Rad- und Fußverkehrs.
Uneinheitliche Zuständigkeiten in Deutschland
Die Zuständigkeiten für die Erstellung der Lärmaktionspläne sind in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Meistens sind die Kommunen verantwortlich. In Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz gibt es abweichende Regelungen: In Hessen erstellen die Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel die Pläne zentral. Bayern hat die Zuständigkeit an die Regierung von Oberfranken übertragen. In Rheinland-Pfalz ist das Landesamt für Umwelt für die Lärmaktionspläne außerhalb von Ballungsräumen zuständig.
Ein vielversprechender Ansatz wird in Baden-Württemberg verfolgt: Dort wurde ein Lärmaktionsplan auf Landesebene entwickelt, der die Maßnahmen der Gemeinden ergänzen, Synergien schaffen und Prozesse vereinfachen soll.
Text basiert auf einer Pressemitteilung von: Deutsche Umwelthilfe e.V.